Heute starten wir in unser langes Wochenende nach London. Wir haben uns entschlossen mit der Bahn zu reisen, da wir dieses Jahr schon dreimal geflogen sind und wir auch einmal durch den Kanaltunnel fahren wollen. Abfahrt ist um 7.01 Uhr an der Haltestelle vor dem Haus. Die erste Etappe mit dem Nahverkehr klappt hervorragend. Nur eine Minute Verspätung nach 17 Minuten Fahrzeit. Etappe zwei bewältigen wir in zwei Teilen mit der Deutschen Bahn. Zunächst von Karlsruhe nach Köln mit Umsteigen in Mannheim. Die Verspätung in Köln beträgt ebenfalls nur fünf Minuten. Dann von Köln nach Brüssel. Mit leichter Verspätung bei der Abfahrt fehlen uns in Brüssel wieder nur fünf Minuten. Dort beginnt Etappe drei mit dem Eurostar unter dem Meer hindurch nach London. Im Channel Terminal wird unser Ticket und Gepäck kontrolliert und die belgischen und britischen Behörden machen eine Ausweiskontrolle. Nach der pünktlichen Abfahrt fahren wir bei Calais in den Tunnel und kommen bei Dover wieder an die Oberfläche zurück (nach überraschend kurzen 21 Minuten). Die Ankunft in London ist auf die Minute pünktlich um 16.01 Uhr am Bahnhof St Pancras. Von hier brauchen wir nur noch 19 Minuten mit der Piccadilly Line der London Underground nach South Kensington. Mein Urteil über der Zugfahrt erster Teil: Entspanntes Reisen, 10 Stunden und 30 Minuten Zugfahrt mit perfektem Ablauf und pünktlicher Ankunft, leider nicht ganz günstig und leider insgesamt fünf Mal umsteigen.

Freitag

24. August

Das Hotel erreichen wir von der Station Gloucester Road in wenigen Minuten zu Fuß. Die Gegend gefällt mir. Viele ruhige Wohnstraßen und dazwischen immer wieder belebte Ecken mit Restaurants und Pubs. In einem umgebauten ehemaligen Wohnhaus erwartet uns ein freundlicher Empfang in der Lobby, die eher an ein Wohnzimmer erinnert. Wer hat übrigens vor den winzigen Zimmern in London gewarnt? Wir bekommen ein richtig großes Zimmer. Die Einrichtung ist schon ein wenig abgewohnt, aber ok. Die Willkommensgetränke sind kostenlos und zwischen sieben und acht Uhr gibt es jeden Tag Häppchen und Sekt. Dies können wir heute allerdings nicht probieren, da wir Karten für die Henry Wood Promenade Concerts presented by the BBC haben.

In einem bekannten und beliebten Imbiss wollen wir vorher noch eine Kleinigkeit essen, doch der Imbiss macht gerade Ferien. Rechtzeitig kurz vor sieben Uhr, aber leider hungrig erreichen wir die Royal Albert Hall.

Die Proms sind eine Reihe von Konzerten im Sommer in London mit verschiedenen Orchestern, während die Londoner Orchester Ferien machen. Früher fanden diese Konzerte an der Uferpromenade der Themse statt (daher der Name), inzwischen aber meistens in der Royal Albert Hall. Wir hören und sehen heute abend die Oper Peter Grimes von Edward Benjamin Britten. Das Konzerthaus ist riesig. Viel grösser als ich erwartet habe. Über 8000 Personen könnten das Konzerthaus gleichzeitig besuchen, aus Sicherheitsgründen sind es maximal 5544. Die Aufführung ist konzertant, das heißt die Sänger stehen vor dem Orchester und singen. Dabei spielen sie auch ein wenig, soviel wie ohne Kulisse und Kostüme eben Sinn macht. Wir haben für £14 pro Karte ganz gute Plätze, fast ganz oben, mit seitlichem Blick auf das Orchester. Nach dem langen Tag habe ich zwar immer mal wieder kurze Durchhänger, trotzdem fallen mir einige Dinge auf: Geschätze 90 % des bunten Publikums liest das Libretto mit (das ist besonders witzig, wenn an leisen Stellen alle gleichzeitig umblättern). Außerdem ist es üblich Getränke mit an den Platz zu nehmen. Die Akustik könnte hier oben besser sein, obwohl das früher gefürchtete Echo der Konzerthalle mit den pilzartigen Diffusoren an der Decke inzwischen kein Thema mehr ist. Die Musik von Britten gefällt mir, da sie recht modern aber nicht zu abgehoben ist. Der Chor ist klasse und auch die Solisten machen einen guten Job. Schön ist es, die Vielzahl der eingesetzten Instrumente (auch die Orgel der Royal Albert Hall) hören und sehen zu können.

Nach dem Konzert gegen halb elf sind wir richtig hungrig. Zum Glück haben wir in der Nähe des Hotels ein kleines Bistro gefunden, das bis spät in die Nacht geöffnet hat und auch warme Speisen serviert. So gönnen wir uns jeder noch ein Sandwich. Um halb zwölf sind wir zurück im Hotel und fallen todmüde ins Bett.

Samstag

25. August

Gleich nach dem Aufstehen begeben wir uns wieder in unser Bistro und bestellen ein Full English Breakfast. Dieses besteht aus Bohnen, gebratenen Würstchen und Speck, gegrillten Tomaten und Pilzen, einem Spiegelei und Toast mit Butter. In der Summe also sehr mächtig, aber genau das Richtige, wenn man einen anstrengenden Besichtigungstag vor sich hat. Zum Glück bekommen wir zum Kaffee auch noch ein kostenloses Croissant dazu.

So gestärkt steigen wir in die London Underground und kümmern uns zunächst um unseren London Pass. Hierbei handelt es sich um eine Karte, die zum kostenlosen Eintritt in viele Attraktionen in London berechtigt. Außerdem haben wir zusätzlich eine Travel Card für beliebig viele Fahrten mit dem Nahverkehr in London erworben. Beides ist für zusammen £79 nicht ganz billig und rechnet sich nur, wenn man eine bestimmte Anzahl Attraktionen mindestens besucht. Für uns springt nur einen kleine Ersparnis heraus, da wir nicht von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit hetzen wollen. Ein weiterer Vorteil ist, dass man sich an einigen Attraktionen das Anstehen spart. Gleich anschließend kümmern wir uns noch um die Abendplanung und kaufen am Leicester Square ermäßigte Karten für das Musical Sweeney Todd.

Nun beginnen wir einen kleinen Spaziergang durch London. Piccadilly Circus und Leicester Square haben wir bereits hinter uns gelassen und laufen weiter zum Trafalgar Square. Von dort geht es zur Horse Guards Parade am St. James’s Park. Um 11 Uhr soll hier der Wachwechsel der königlichen berittenen Leibgarde stattfinden. Leider müssen wir aber feststellen, dass der Platz noch für die Olympischen Spiele gesperrt ist (am Mittwoch beginnen die Paralympics) und deshalb die Horseguard Parade im Moment nicht stattfindet. Vorbei an der Downing Street erreichen wir Westminster Abbey und schauen uns diese Kirche an. Mir kommt sie vor wie ein großer überdachter Friedhof, alleine 102 Mitglieder des englischen Königshauses liegen in der Abbey begraben. Aus Platzgründen werden seit 1911 nur noch Urnen bestattet. Anschließend schauen wir uns den Uhrenturm am Palace of Westminster an (oft Big Ben genannt, obwohl so ja eigentlich nur die größte Glocke im Turm heißt) und werfen einen ersten Blick auf die Themse.

Die Mittagszeit ist vorbei, dank des Frühstücks verspüren wir aber noch keinen Hunger. So entschließen wir uns mit der London Underground nach Camden im Norden der Stadt zu fahren. Dort ist in und um die Camden High Street einer der bekanntesten und größten Märkte von London. Direkt nach dem Verlassen der Station befinden wir uns schon mitten im Getümmel.

Als wir das Nur-Gucken-und-nicht-Kaufen hinter uns haben ist es Zeit für eine Stärkung. Eine gute Gelegenheit uns am traditionellen Samstag das inoffizielle Nationalgericht des Vereinigten Königreiches zu gönnen: Fish and Chips. Die Fritten mit Salz und Essig schmecken mir ausgezeichnet, den guten Kabeljau bedauere ich ein wenig wegen des doch sehr fettigen Backteigs der ihn umhüllt.

Wieder zurück im Zentrum wenden wir uns der zweiten großen Kirche in London zu. Die St Paul’s Cathedral wurde 1666 beim großen Brand in London zerstört und von Sir Christopher Wren wieder aufgebaut. Der Architekt ist ebenso wie Admiral Lord Nelson und viele andere berühmte Persönlichkeiten hier in der Krypta beigesetzt. Natürlich wollen wir auch die gewaltige Kupel erklimmen und finden nach einigem planlosen Suchen tatsächlich doch den Aufgang, der zunächst zur Flüstergalerie auf 30 Meter Höhe an der Kuppelbasis führt. Von dort geht es über eine enge und steile Treppe weiter zur Stone Gallery. Als wir hier nach draußen treten bläst uns schon ein starker Wind um die Nase, der einen Wetterumschwung ankündigt. Ein Mitarbeiter der Kirche empfiehlt uns gleich weiter hinauf zur Golden Gallery zu steigen, da dort nur wenige Personen Platz haben und es am späten Nachmittag immer voller wird. Gesagt, getan. Während wir eine noch engere Treppe aufsteigen hören wir draußen bereits die ersten Donnerschläge und der Regen beginnt auf die Kuppel zu prasseln (so richtig dicht ist die Kuppel auch nicht). Kaum stehen wir am letzten Treppenabsatz um die letzten Stufen zu erklimmen ist draußen ein heftiges Gewitter zugange und die Mitarbeiter der Kirche hindern uns aus Sicherheitsgründen daran weiter zu gehen.

Am Abend besuchen wir das Musical Sweeney Todd im Adelphi Theater. Gefühlt werden Dutzende Musicals in London aufgeführt und wir haben uns recht wahllos für die Geschichte des Barbiers aus der Fleet Street entschieden. Das Theater ist klein und sehr eng und die Sitze dadurch sehr unbequem. Trotzdem haben wir gute Sicht und können das Musical geniessen. Leider ist die erste Hälfte recht langweilig inszeniert und die Stücke werden nacheinander so dahingesungen. Erst nach der Pause gewinnt die Handlung dann an Fahrt und auch die Inszenierung wird besser. Während Sweeney Todd einen Kunden nach dem anderen umbringt und Mrs. Lovett Pasteten aus den Opfern herstellt steuert alles auf das tragische Ende zu. Doch noch ein unterhaltsamer Abend und dank reduzierter Kartenpreise mit £59 (zu zweit) auch bezahlbar.

Sonntag

26. August

Den Sonntag beginnen wir mit einem Frühstück auf dem Zimmer. Das kleine Hotel verfügt über keinen Frühstücksraum und serviert daher das Frühstück entweder auf der Terrasse, in der Lobby oder eben im Zimmer. So sehr mich das Hotel bisher positiv überrascht hat, so sehr bin ich vom Frühstück enttäuscht. Für viel Geld gibt es gerade mal ein bisschen Konfitüre und zu wenig Brot. Wir beschließen am Montag wieder in unser Bistro um die Ecke zu gehen.

Das Programm heute ist straff und beginnt mit dem Besuch des Tower of London. Mit unserem London Pass können wir die Kasse links liegen lassen, müssen am Eingang zur Sicherheitskontrolle aber trotzdem kurz anstehen. Wir sind früh unterwegs und der Andrang hält sich noch in Grenzen. In der Festung machen wir einen kleinen Rundgang über die Festungsmauer und besuchen einige der Ausstellungen. Darunter natürlich die Ausstellung der Britischen Kronjuwelen. Ich hatte mir den Schatz beeindruckender vorgestellt. Allerdings sind im Tower of London wohl auch lange nicht alle Juwelen ausgestellt. Anschließend hoffen wir auf etwas weniger Trubel an einer Straßenecke in der Nähe um einen Geocache zu bergen. Das klappt ganz gut und wir machen uns auf zur Tower Bridge. Dort fahren wir im Nordturm mit dem Aufzug nach oben und können dann beide Fußgängerstege entlang laufen. Die Aussicht ist toll, bei der Fotoausstellung fehlt mit der Bezug zur Tower Bridge. Nach der Besichtigung des alten Maschinenraumes erreichen wir das Südufer der Themse und spazieren die Promenade zur westlich gelegenen London Bridge entlang. Zwischendurch sind wir ganz schön hungrig und holen uns in einem Supermarkt Sandwiches, die wir am Themseufer verspeisen. Am nördlichen Ende der London Bridge befindet sich The Monument to the Great Fire of London, eine 61 Meter hohe dorische Säule die zum Gedenken an den großen Brand von 1666 errichtet wurde. Wir steigen die 311 Stufen auf die höchste freistehende Steinsäule der Welt hinauf und geniessen den Ausblick. Das Zertifikat, welches wir beim Verlassen des Monuments erhalten erweist sich allerdings als etwas unhandlich. Nun laufen wir wieder zurück zum Tower Hill und steigen am dortigen Anleger in eine der Themsefähren ein die uns nach Westminster bringen soll. Die Bootsfahrt macht Spass und einer der Mitarbeiter an Bord weiss viele Dinge zu den Bauwerken links und rechts der Themse zu erzählen. Zurück an Land fahren wir zurück ins Hotel um uns noch ein wenig vor dem Abendessen ausruhen zu können.

Auf der Suche nach einem guten Restaurant für ein nettes Abendessen fiel unsere Wahl auf das Fifteen von Jamie Oliver. Das Restaurant ist von der Station Old Street recht leicht zu finden und liegt in einer Gegend die deutlich weniger poliert als South Kensington daherkommt. Von außen sieht das Restaurant recht leer aus, was sich aber als Trugschluß herausstellt. Am Samstag abend sind fast alle Tische belegt und einige Gäste warten auch an der Bar auf einen frei werdenden Tisch. Meiner Meinung nach sind die Mehrzahl der Gäste Touristen. Das Ambiente ist hektisch und laut, wir sind zunächst etwas abgeschreckt, lassen uns dann aber darauf ein und haben einen schönen Abend. Wir bestellen das Tasting Menu mit sechs Gängen und alkoholfreie Drinks dazu. Mein Ginger Pressé ist super, schmeckt richtig scharf nach Ingwer. Das Essen ist durchweg lecker, das schwarze Risotto mit Meeresfrüchten ist hervorragend. Auffallend ist, dass bei jedem Gericht ein bestimmtes Gewürz prominent, aber nicht störend, herausschmeckt.

Montag

25. August

Nach dem Aufstehen checken wir aus und begeben uns in unser Bistro für ein Frühstück (diesmal mit Obst). Anschliessend fahren wir mit der London Underground ins Zentrum und machen einen kleinen Spaziergang an der Themse entlang über die Millennium Bridge zum Tate Modern. Den Besuch des Museum für moderne Kunst hatten wir für heute geplant, da unser London Pass dann nicht mehr gültig ist und Museen in London keinen Eintritt kosten. Leider ist der Eintritt in die Daueraustellungen zwar tatsächlich frei, die interessanten Sonderaustellungen von Damien Hirst und Edvard Munch kosten aber den fast üblichen Eintritt von rund £15. Wir begnügen uns mit den Daueraustellungen, da uns sowieso nur der Vormittag für den Besuch zur Verfügung steht. Die Werke von Edvard Munch können wir zumindest im Museumsshop ein wenig bewundern (einschließlich eines coolen Regenschirms mit dem aufgedruckten Werk Der Schrei).

Wir können uns nicht entschließen, ob wir gleich etwas zu Mittag essen oder etwas zum Mitnehmen auf die Zugfahrt holen. Am Ende machen wir Letzteres und tragen deswegen aus unerfindlichen Gründen einen Tunfischsalat durch die Stadt. Als ob es am Bahnhof nichts zu kaufen gäbe. Nun geht es zurück ins Hotel die Koffer holen und dann zum Bahnhof St Pancras. Am Channel Terminal ist hier deutlich mehr los, da in London auch die Züge nach Paris abfahren. Die letzten Pennies werfen wir in eine Spendenbox und fahren pünktlich um 15 Uhr und vier Minuten in Richtung Festland ab.

Die Züge auf der Rückfahrt sind wieder alle ausgesprochen pünktlich. Der Eurostar ist leider genauso eng und verratzt wie der Zug auf der Hinfahrt und in Köln wird es beim Umsteigen ein bisschen hektisch, da wir am Hauptbahnhof ankommen und am Messebahnhof abfahren. Letztendlich klappt das aber auch sehr gut. Durch die kürzeren Umsteigezeiten und die Tatsache, dass wir ab Köln ohne weiteres Umsteigen direkt nach Karlsruhe fahren ist die Heimreise mit 8 Stunden vom Hotel bis nach Hause auch deutlich kürzer als die Anreise nach London. Unsere Entscheidung für die Anreise mit dem Zug war gut, da wir sehr entspannt unterwegs waren. Mit dem Flugzeug ab Frankfurt ginge es deutlich schneller, mit einer Budget Airline etwas günstiger.

Zu Ende geht ein anstrengendes, aufregendes und super schönes Wochenende in London.