9. Januar

Schutzgebiet Corcovado

Michael: Heute machen wir eine Tour in den Corcovado Nationalpark und das bedeutet früh um halb sechs aufstehen, frühstücken und gegen halb sieben mit dem Jeep von der Lodge nach Carate an den Strand gebracht werden. Wir werden mit Sandwiches in Tupperdosen ausgerüstet und Oskar unser Führer stellt sich vor.

Steffi: Und auch heute merken wir, dass Wasser ein Heiligtum der Luna Lodge ist. Mit dem Gedanken daran dass die Verpflegung für die Tour gestellt wird haben wir nur jeweils eine kleine Flasche Wasser eingepackt. Doch Lana weiß sofort einzuschreiten und sorgt dafür dass wir reichlich Wasser mitnehmen. Wir werden ihr im Lauf des Tages noch sehr dankbar sein.

Michael: Mit dabei sind noch zwei amerikanische Paare, eines aus Michigan und eines aus New York. Zunächst müssen etwa drei Kilometer am Strand entlang von Carate bis zum Eingang des Parks überwunden werden. Für diesen Teil der Tour sind etwa dreißig Minuten veranschlagt, was aber eine sehr optimistische Zeiteinschätzung ist. Wir brauchen eine ganze Stunde bis wir die Station erreichen.

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Steffi: Die Tour geht gleich gut los für mich als wir zu Beginn einen Fluss am Strand überqueren. Jeder Hinz und Kunz balanciert über den Stamm der hier als Brücke dient. Und ich, ich denke zu lange nach und ziehe dann meine Wanderschuhe aus, um den Fluss zu durchwaten. Eigentlich keine schlechte Idee, sich bei der Hitze die Füße zu kühlen, wenn nur das lästige An und Aus von Schuhen und Socken nicht wäre. Und danach geht’s ab durch die Sonne, kilometerlang am zugegebenermaßen wunderschönen Strand entlang, an dem wir schon reichlich Vögel zu sehen bekommen. Nach der Sonnendosis bin ich froh als in der Ferne die Station auftaucht.

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Michael: Ab hier können wir in den sogenannten Lowland-Regenwald eintauchen, der entlang der Küstenlinien die Fauna bestimmt. In diesem Bereich im Corcovado-Park handelt es sich um Sekundär-Regenwald. Das heißt, dieser Regenwald wurde schon einmal gerodet und ist inzwischen wieder nachgewachsen. Im Gegensatz zum Primär-Regenwald hat dieser Wald keine so dichte Baumkronendecke und daher fällt mehr Licht auf den Boden, so dass im Sekundär-Regenwald wesentlich mehr Bodenvegetation vorkommt als in einem Primär-Regenwald. Gerodet wurde der Regenwald hier von Goldsuchern, die auch überall weitere Spuren hinterlassen haben, wie beispielsweise technisches Gerät, welches nun verrottet oder viele Bananen-, Orangen- und Zitronenpflanzen. Wir folgen dem Pfad die Küste entlang und mit Oskars Hilfe entdecken wir jede Menge Tiere: einige Nasenbären, ein Ameisenbär, viele Vögel, unter anderem Habichte, Falken und Aras, Kolibris, die sich von Insekten statt von Nektar ernähren, Weißkopfaffen, Klammeraffen, verschiedene Spinnen, Krabben und Krebse.

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Steffi: Der Pfad im Wald fängt relativ unspektakulär an, aber dann gibt es Einiges zu sehen. Vor allem Vögel. Die werden teilweise sehr intensiv beobachtet, so dass es mir fast etwas zu langsam voran geht. Auch Aras gibt es hier jede Menge – von wegen nur noch im Carara Nationalpark … Ein paar Flüsse kreuzen unseren Weg. Jetzt zeichnet es sich also doch noch aus, dass ich das Schuh-aus-Schuh-an schon mal geübt habe. Mein Magen knurrt schon lange, als wir dann am Strand die Tupperdosen-Vorräte zu uns nehmen. Jetzt zieht Oskar das Tempo ganz schön an – sind wohl doch ein paar Vogelstopps zu viel gewesen. Habe ich bei der ersten Fluß-Pause noch aufs Baden verzichtet, so ist es als wir auf dem Rückweg nochmals an der Badestelle vorbeikommen höchste Zeit den erhitzten Kopf ins kühle Wasser zu tauchen – meine Rettung!

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Michael: Im weiteren Verlauf müssen wir einige Flüsse durchqueren und dringen bis zu einem Punkt vor, wo Oskar einen Tapir vermutet. Leider lässt sich das Tier nicht blicken und wir kehren um. Zwischendurch nehmen wir noch unsere mitgebrachten Sandwiches zu uns und wundern uns darüber, wieviel wir schon gelaufen sind. Gegen Ende der Tour macht Oskar leider ein bisschen viel Tempo, wir sind inzwischen aber auch schon gut über den für die Tour vorausgesagten vier bis sechs Stunden. Am Ende sind wir 16 Kilometer gelaufen und seit acht Stunden unterwegs. Steffi ist sehr geschafft und mir reicht es inzwischen auch. Vor allem die letzten drei Kilometer in der Sonne am Strand entlang haben es in sich. Wir warten auf den Jeep und werden wieder zur Lodge gefahren, wo uns ein „refreshing glas of cold water with a smile“ erwartet.

Steffi: Geschafft ist gar kein Ausdruck! Die letzten zwei drei Kilometer am Strand stolpere ich nur noch so vorwärts. Gut wenn einem dann noch aufmunternde Falschangaben wie “nur noch 1,6 Kilometer” gemacht werden – falsch natürlich im Sinne von deutlich nach unten verschätzt. Mein Schädel platzt gleich, was er wohl tatsächlich getan hätte, wenn wir bei unseren Miniatur-Wasserflaschen geblieben wären … Nach dieser Tour schmeckt dann das refreshing glas of water tatsächlich fast wie eine gut gekühlte Coke bei 3 Grad.

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Michael: Da wir drei Übernachtungen in der Luna Lodge haben, können wir uns ohne Stress ausruhen und in Ruhe Pläne für den nächsten Tag machen. Reizen würde mich vor allem auch einmal Primär-Regenwald hier in der Gegend zu sehen. Leider ist die einzige dafür passende Tour sehr anstrengend, man läuft entlang eines Gebirgskamms an den Strand hinunter und nach dem heutigen Tag wollen wir uns das nicht zumuten. Stattdessen planen wir morgen auf eigene Faust einen Pfad zu drei Wasserfällen und einen Rundweg durch die Hügel über der Lodge zu unternehmen.

Steffi: Nach diesem schönen aber überaus erschöpfenden Tag braucht es eine erholsame Nacht. Doch unsere Moskitonetz-Himmelbetten bieten nur bedingt Sicherheit vor ungebetenen Duschungelbewohnergästen. In dieser Nacht raschelt und nagt es überall. Ich schlafe unruhig und wache mehrmals von Geräuschen auf. Ein kurzer Blick auf unsere Vorratstüte offenbart …nichts. Angeblich alles nur Einbildung.

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